Seit einigen Monaten befinde ich mich bei einem neuen Therapeuten, auch in einer neuen Therapieform. Der Unterschied zur vorherigen ist rein objektiv betrachtet eher marginal. Doch seit ich bei ihm bin, haben sich innerlich ein paar Hebel in Bewegung gesetzt. Das mag auf den ersten Blick positiv und nach »purere Lebensfreude« klingen, ist allerdings nicht so; okay, auch nicht das Gegenteil, es bedeutet einfach sehr viel Arbeit. Irgendwann sagte ich ein mal: »Zum Wachsen gehören Schmerzen dazu.« Das trifft es am ehesten.

Bis vor einer guten Weile war das Motto bei kleinen und auch größeren Krisen »Denken, fühlen und austicken«, derzeit gelingt es mir unter großen Mühen es zu »Denken und lenken« zu steuern. Meine aktuelle lässt sich mit abklingender Krise bezeichnen. Das bedeutet, dass ich nach wie vor eine Art Minenfeld emotionaler Natur bin, ich die aktivierten Minen jedoch schneller entschärfen kann. Es ist richtig schwer.

Gestern trug sich eine Situation elektronischer Kommunikation zu, die mich auf der Anspannungsskala bei 50 innerhalb von Sekunden auf über 70 schleuderte. Normalerweise dauert es wesentlich länger. Dabei war der Grund nichtig, es gab schlichtweg keinen echten. Ich fühlte mich angepisst, zu unrecht als Sündenbock beschuldigt – was nicht so war. Es dauerte ein paar Stunden, bis ich wieder im ertragbaren Bereich war. Seit ich zwischen Trigger, Person und eigentlicher Ursache besser auseinander klamüsern kann, denke ich hinterher oft, dass das Alles doch echt bekloppt ist. Vorhin hatte ich eine weitere Situation, in der ich vor meinem Handeln bzw. Antworten zuerst in mich reinhörte:

»Aua. Aber warum? Warum macht es jetzt aua?«

Es waren meine eigenen Gedanken, die ein sehr unbehagliches Gefühl alter Verletzung hervorriefen. Die kommunizierende Person ist nicht die Ursache, sondern holt ungewollt alte Emotionen ans Tageslicht. Sie ist nicht Schuld. Diesen Mist hat jemand anders verzapft.

»Wie reagiere ich denn jetzt? Was antworte ich denn jetzt?«

Jedenfalls wollte ich nicht durchscheinen lassen, dass der Gesprächspartner gerade wieder in eine Mine getreten ist, von der er (womöglich) gar nichts weiß. Ich überlege, wie ein Nicht-BPSler reagieren würde. Vermutlich völlig frei von Emotionen, einen recht unnötig zustimmenden Satz hinterherschiebend, sofern er gerne etwas zu der Thematik äußert. So etwas wie »Das ist auch wichtig und gut«. Was auch exakt meine Antwort sein sollte. Anstelle von:

»Ey, das Thema fuckt mich ziemlich ab. Eigentlich müsstest du wissen, dass mich das verletzt. Dein ewiges Hin und Her stresst mich echt, jetzt bin ich wieder der Kummerkasten für dich, dabei weißt du ganz genau, dass gerade das Thema echt nicht mein Ding ist – denn ich wäre auch gerne mal wieder glücklich, aber das scheint dich ja nur wenig zu interessieren … «

All das habe ich im Vorfeld der Antwort auseinander klamüsert, um etwas mehr Distanz zwischen das Gefühl und mich zu bringen. Um letztlich wieder relativ gut arbeiten zu können, leben und leben zu lassen und weniger Hirnfick zu produzieren.

Schade ist nur, dass ich, obgleich nicht in meinem persönlichen Besitz befindend, besser Auto fahren kann als mich zu steuern. Eichhörnchen. Grmpf.