Erwischt. In den letzten paar Wochen, seit ziemlich genau einem Monat, braut im dunklen Untergrund der Meister des Bösen wieder seine giftigen, die Sinne vernebelnden Tränke. Gehirnwäsche auf sehr ausgeklügeltem, latentem Niveau. Latenz. Das trifft es ganz gut. Eine Sache, die da, jedoch (noch) nicht hervorgetreten ist. Bis jetzt.

Ich bin wieder instabil. Instabiler als sonst. Auslöser lauern erneut an jeder Ecke. Doch der entscheidende, die Initialzündung, liegt mehrere Wochen zurück. Das Siechtum in der Sommergrippe. Allerdings tat ich das als einmalige »Episode« ab. Ängste um die eigene Zukunft. Zweifel am eigenen Sein. Kaum genesen ging es kontinuierlich bergauf – wog ich mich in vermeintlicher Sicherheit. Nicht wissend, dass der Braumeister da unten tüchtig die Dämpfe seiner Tränke verbreitete, das Feuer immer mehr anschürte und somit den Kessel richtig zum Dampfen brachte. »Atme ein, atme das Gift schön ein.« Grinsend stand er da an seinen Kesseln und beobachtete das Geschehen. Von Neuem wurde ich unberechenbar – für mich selbst, wohlbemerkt. Verhaltensweisen, die sonst in extremeren Situationen auftraten, bahnten sich ihren Weg. Viel schlafen (sogenannter komatöser Vermeidungsschlaf). Anderes Vermeidungsverhalten. Gedankliches hin- und herspringen. Ängste. Gleichgültigkeit gegenüber bestimmten Aufgaben im alltäglichen Leben. Fremdverletzendes Verhalten. Nur noch funktionieren.

Ohne es bewusst zu bemerken, hinterfragte ich alles Mögliche. Nahezu jede allerkleinste Handlung gestaltete sich zum Kraftakt auf der Suche nach der Antwort, ob sie richtig oder falsch sei. Bis hin zur Handlungsunfähigkeit. Das Ergebnis: Falsche Gedanken führen zu falschen Fragen und enden in falschem (Nicht-)Handeln. Nicht-Handeln kann auch falsch sein, ohne Zweifel.

Der einzige Weg zu scheitern ist nicht zu kämpfen. Also kämpfe.

Klar, Handeln ist immer noch besser als Nicht-Handeln. Das Risiko, dass etwa schief geht, besteht immer. So gehe ich seit Tagen wenigstens ein mal an die frische Luft. Manchmal schaffe ich es lediglich bis zur nächsten Bushaltestelle. Obwohl ich mir vornehme, im Wald eine kleine Runde zu drehen. Das klappt dann deshalb nicht, weil ich dann unweigerlich Menschen begegne. Fremden Menschen. Derzeit also eher hmmm.

Die Geburtstagssaison befindet sich noch in vollem Gange. Sozial fühle ich mich dazu verpflichtet, jedem meiner Mitmenschen zu gratulieren. Menschlich gesehen erfordert auch das einen gewissen Kraftaufwand. Dementsprechend chaotisch fallen die Grüße aus, sie sind nicht so freudig und lustig wie sonst. Hier lauern ebenso ein paar Berührungsängste. Ich will schreiben, kann aber nicht. Was da rauskommt – und das zieht sich gerade wie ein roter Faden durch nahezu jede! Konversation – sieht eher scharfkantig, lieblos, desinteressiert und so gar nicht nach mir aus. Kurz gesagt: Mit der Außenwelt zu kommunizieren stellt sich als Herausforderung heraus. Als Konsequenz daraus ziehe ich es vor, lieber niemanden von mir aus anzuschreiben. Die Füße still halten. Und abwarten, bis das Pendel nicht mehr ganz so chaotisch hin und her schwingt.